L(e)ichte Gedichte (2020 - 2024)

Befindlichkeiten

Es knirscht das Knie, 
Es schnappt der Finger, 
Es brennt das Sod,  
Es rumpelt das Herz.  

Doch wir Indianer  

Kennen keinen Schmerz, 
Sind noch nicht tot, 
Sind noch die Ringer 
Und lieb'n die Prärie.

Corona

Wer weiß denn was die Viren wollen, 
Die auf unsrer Schleimhaut tollen, 
Welch Botschaft sie uns künden 
Aus unsren aufgerauhten Schlünden. 
Wir schweigen ganz benommen - 
Vielleicht soll'n wir zur Ruhe kommen? 
Wir, die wir rastlos reisen, 
Den Erdenball im Flug umkreisen, 
Besinnungslos von Event zu Event, 
Wer nicht mitmacht hat gepennt. 

Die ganze schöne Warenwelt, 
Die jetzt in sich zusammenfällt, 
Container aus dem Chinaland, 
Doch Chinaland ist abgebrannt. 
Jetzt leben wir mit Katzenjammer 
In unsrer Eremitenkammer, 
Und googeln uns zu Tode 
Nach allgemeiner Mode. 

MENE TEKEL UPHARSIN 

Wo führt das alles bloß noch hin? 
Doch sehen wir's mal anders rum. 
Der Virus, der ist auch nicht dumm, 
Er sucht das Equilibrium, 
Er ist ein rechter Pfiffikus 
Der überleben will und muss, 
Er braucht uns wie der Faust die Grete, 
Unsre Schleimhaut seine Knete, 
Er ist das Ying und wir das Yang, 
Und darum ist mir auch nicht bang.
 
Nach angemessener Lebenspause 
Verlassen wir unsere Einsiedelklause, 
Sind vielleicht sogar etwas abgeklärt, 
Von unsren Hamsterkäufen gut genährt, 
Und geben uns wieder dem Irrsinn hin, 
Der unseres Alltags ganzer Sinn.

Die Schweizer Kuh

Wandrer, kommst Du in die Schweiz,
Bemerkst Du bald der Kühe Reiz.
Die Schweizer Kuh ist modisch braun
Und recht proper anzuschau'n.
Süß die Nase, frech die Haare,
Und dann dieser Blick, der klare.
Diesen Blick, den kann man lesen,
Treu und redlich ist ihr Wesen.

Auf den Wegen, die meist geteert,
Was bei Regen nicht verkehrt,
Doch beim Wandern in den Süden
Tut's die Füße recht ermüden,
Dort, auf eben diesen Wegen,
Sieht man sie kaum Häufchen legen.
Ist sie etwa stubenrein?
Ja, die Schweizer Kuh ist fein.
Reinlichkeit ist ihre Zier,
Benutzt sie gar Toilettpapier?

Die Schweizer Kuh macht selten Muh,
Dafür umso mehr Gebimmel,
Ob's ihr gefällt, das weiß der Himmel.
An ihrem Ohr, das wackeln kann,
Sind Strichcode und 'ne Nummer dran.
Auch hier ist sie ganz Schweizerin
Und findet ihren Lebenssinn
Zwischen analogem Glockenklang
Und digitaler Datenbank.

Der Wandrer, der geschrieben diesen Senf,
Auf halbem Wege Konstanz - Genf
Läßt Alle herzlich grüßen.

Sylvester 2020
 
Das neue Jahr,
Das kann mich ma',
Ich bleib im Bett,
Lockdown komplett,
Frei von Viren
Und Getieren,
Das ganze Jahr
Im Bett, Hurra!

Masken tragen,
Brill'n beschlagen,
Muss das denn sein?
Ich sage: Nein!
Die Maskenpflicht
Gibt's bei mir nicht,
Ich bleib im Bett
Dort ist es nett.

Lass nur mein Weib 
zum Zeitvertreib
Hinein ins Bett,
Ach, wär das nett
Wenn sie vielleicht
Den Kaffee reicht,
Dann ist's komplett
Das Glück im Bett.

Was sonst noch fehlt
Wird ausgewählt
Per Internet,
Das geht im Bett.
Und wenn's mich packt:
Ich brauch Kontakt,
Video-Chat
Geht auch im Bett!

Mein guter Rat
Ist in der Tat:
Macht's ebenso
Und werdet froh,
Das neue Jahr
Wird wunderbar!

Ohne Titel

Am Wochenende viel passiert
Hab das Gartenhaus saniert,
Und das Dach ganz neu verpappt,
Brachte Spass, hat gut geklappt,

Heut' mit Rechen altes Laub
Und etwas von Saharastaub
einfach ins Gebüsch gefegt,
Mich dann auf die Bank gelegt.

Solche Dinge geben Sinn
Und so geh'n die Tage hin.
Bin ein hochbetagter Mann,
Mache was ich machen kann.

Eskapismus

Erst kam Trump, der alte Lump,
Dann Corona, dieses Biest,
die uns den Alltag so vermiest,
Und jetzt Putins Mörderbande,
Es ist einfach eine Schande.
Apokalyptische Dreifaltigkeit
Die Einen in den Wahnsinn treibt.
Ich möcht wieder in den Keller,
Türen, Fenster dicht verkleben,
Kein Smartphone und kein Internet,
Bei Kerzenlicht im Lümmelbett
Und dann auf den Plattenteller
'Perlen vor die Säue' legen:
I don't want to escape from reality,
I want reality to escape from me.

Zeitgeist
 
Du Zeitgeist, der in jungen Jahren
Uns gepackt in großen Scharen, 
Bringst uns all die Konventionen
In denen wir dann bequem wohnen,
Gibst uns Musik für die Gefühle 
Und Ideologien für die Gedankenmühle,
Bist der Kitt für manche Freundschaft
Bist unser Halt und unsre Kraft!

Doch dann in des Lebens Mitte
Wenn sich nähert das letzte Drittel,
Wirkst Du blass und blässer,
Andre Geister wissen's besser,
Und man sieht sich zweifelnd um,
Denn wer ist schon gerne dumm.
Man denkt zurück an alte Zeiten,
Jedoch, es läßt sich nicht abstreiten: 
Du warst ein zwielichtiger Gesell,
oft auch dunkel, nicht nur hell.

Und irgendwann, man merkt es kaum,
Ist es aus - war es ein Traum?
Der Zeitgeist ist verschieden,
Sprich: der alte lebt nicht mehr hienieden.
Die neuen Geister tummeln sich,
Doch kümmern sie sich nicht um mich,
Und einer wird das Rennen machen,
Mit etwas Glück kann man noch lachen!

Ücken

Probleme beim Bücken,
Schmerzen im Rücken,
Im Magen ein Drücken,
Brennen bei Schlücken,
Zähne mit Brücken,
Gedächtnis hat Lücken,
Kopf voller Mücken.

In den letzten Stücken
Das Leben voller Tücken:
Bald geh'ste mit Krücken,
Nichts mehr zu pflücken,
Nichts will uns entzücken,
Den Alltag uns schmücken,
Nur immer ücken, ücken, ücken.

Auch dies Gedicht - 
Es will nicht recht glücken!

Amrum

Einfach nur im Strandkorb dösen,
Ab und an die Beine räkeln,
Seele will vom Leib sich lösen,
Und am Wetter nichts zu mäkeln.

Der Himmel heute riesig groß,
Die Welt ein Wolkenmeer.
Das Leben wieder mal famos:
Der Kopf gedankenleer.

Einfach zusehn, wie der Wind
Wolken wild zerzaust,
Gemächlich oder wütend blind,
Wenn es stürmt und braust.

Segel, die im Winde flattern,
Lautes Wellenklatschen,
Fahnen für Langnese knattern,
Fast wie Kinderratschen.

Gerüche die vom Meer her weh'n,
Von Fisch und Algenkraut.
Von Sonnenlotion, Nivea Creme,
Und von der eignen Haut.

Kinderstimmen, Möwengeschrei,
Wie seit Ewigkeiten.
Alles ist gut und wir sind dabei,
(Hoffentlich) noch einige Zeiten.

Angekommen 
(auf dem Weg von Genf nach Le Puy-en-Velay)

Oh, wie lob ich meine Beine,
Die, bei stärkstem Sonnenscheine,
In der größten Mittagshitze,
(denn das Wetter hier ist Spitze)
Müde zwar, doch unverdrossen,
Immer leicht nach vorne schossen,
Liefen wie von ganz alleine,
Meine Beine, meine Beine.

Ach, das klingt sehr übertrieben,
War wohl eher doch ein Schieben,
Haltung dabei stark gebückt,
Weil von hinten Rucksack drückt,
Und im Stiefel schmerzt der Zeh,
Gab so manches kleine Weh.
Mitunter war es nur ein Schleichen,
Schluss, das muss jetzt aber reichen.

Quintessenz
(aus dem Netz zusammengeklau(b)t)

Wer ziemlich lang auf Erden wallt,
Dem sagt man meist: Sie werden alt.
Der Vorteil soll in Weisheit liegen,
Wir aber woll'n mit Leisheit wiegen
Und kommen nicht mit vagen Thesen,
Die alle schon mal da gewesen.
Der Rat, den hier das Herz schafft,
Ist kurz und garnicht scherzhaft:

Nicht alles auf die Waage legen,
Der komplizierten Lage wegen!