Zeichen 116

Zeichen 116, Split, Schotter

Split, Schotter

Max und Moritz

Seht, da kommt im Witwenschleier
auf dem Gehweg Oma Meyer,
humpelnd und mit viel Gebücke,
in der einen Hand die Krücke,
an der andren Hand die Trine,
Tochter ihrer Großcousine,
die, ein nettes kleines Ding,
sehr an ihrer Tante hing.

Jeder grüßt die brave Frau,
weiß man hier doch ganz genau,
daß ihr Leben voller Schläge,
und am Ende ihrer Wege
nun die arme Witwe Meyer
müde von des Lebens Leier.

Kurz vor ihres Hauses Schwelle,
kommt die ganz bestimmte Stelle,
wo der Weg die Straße quert
und es garnicht so verkehrt,
hier ein wenig zu verweilen,
alldieweil die Autos eilen,
um zu warten an der Krücke
bis sich auftut eine Lücke.

Oma Meyer muß sich schneuzen
und will nun die Straße kreuzen,
ungestüm wie ein Kanichen
drängelt auch das kleine Trinchen,
doch zu allem überdruß
liegt vom letzten Regenguß
vor dem Kantstein eine Pfütze,
die zu garnichts weiter nütze,
als das man sie tunlichst meide -
dies beschließen alle beide !

Unterdessen, etwas weiter,
wie ein Blitz vom Himmel heiter,
kommen plötzlich angeschossen
Max und Moritz, unverdrossen,
fahr'n mit hämisch-böser Miene
in des Vaters Limousine,
fahren Auto, Schreck halt ein,
ohne einen Führerschein.

Max zu Moritz, der am Steuer:
vorwärts Moritz, los gib' Feuer,
siehst Du dort die große Pfütze,
ganz voll ekler schwarzer Grütze,
und daneben stehn die beiden,
kann' sie sowieso nicht leiden,
Meyers Trine, dumme Kuh,
los, halt auf die Pfütze zu.

Ach, wie muß man doch beklagen,
was die bösen Buben sagen,
Bosheit ist ihr Hauptpläsier,
unbekannt ist Anstand hier,
und man muß nicht lange raten,
denn den Worten folgen Taten !

Ja, so sieht man mit Entsetzen,
wie sie durch die Pfütze fetzen.
Hoch fliegt jetzt der Pfützendreck,
Trine schreit laut auf vor Schreck,
will an Omas Rock sich krallen,
Oma läßt die Krücke fallen,
Ach, das einer sie beschütze,
plumps, da kippt sie in die Grütze !

Schwarzbesudelt ist ihr Rock,
doch noch größer ist der Schock,
der die Frau ins Herz getroffen,
und man kann jetzt nur noch hoffen,
daß sich eine Seel' erbarme,
und sich kümm're um die Arme.

Max und Moritz fort sich machen
und man hört ihr höhnisch Lachen,
dieses war ein neuer Streich,
doch der nächste folgt so gleich.

TB